Dienstag, 31. Mai 2011

"Integration kann ich meinen Fans nicht beibringen"

Und was zum Lesen Twitterte er auch ^^
Seit zehn Jahren dabei, mittlerweile der erfolgreichste Rapper des Landes: Anis Ferchichi alias Bushido

Hausbesuch bei Bushido: Im ersten Teil des Doppelinterviews spricht Deutschlands erfolgreichster Rapper über Jugendgewalt, Islam in Deutschland und seine eigenen Regeln.

Ein lauer Abend Ende Mai. Im Berliner Villenviertel Lichterfelde lebt Bushido mit seiner Mutter und drei Labradoren in einem Einfamilienhaus. Am Gartentisch auf der Veranda gibt's Brause und neueste Erkenntnisse aus dem Bereich der ökologischen Hundeernährung.

ZEIT ONLINE: Sie, Bushido oder Sie, Herr Ferchichi?

Bushido: Das können Sie sich aussuchen.

ZEIT ONLINE: Herr Ferchichi, womit sind Sie in Deutschland nicht einverstanden?

Bushido: Ich bin hier sehr zufrieden hier. Aber natürlich bin ich mit den Steuersätzen nicht einverstanden, trotzdem zahle ich sie (lacht). Wenn ich was gelernt habe in Deutschland, dann dass man mit dem Finanzamt nicht scherzt.

ZEIT ONLINE: Kein Widerstand?

Bushido: Mein Protest besteht darin, dass ich mich selten an die Regeln halte. Ich bin ein Teil des Puzzles, und es ist meine Bürgerpflicht, mich zu anzupassen. Aber ich glaube, ich kann mir nehmen, was ich brauche, ohne anderen auf den Schlips zu treten oder sie in ihrer Freiheit zu berauben.

ZEIT ONLINE: Zum Beispiel?

Bushido: Nachts um halb eins ist niemand auf der Straße, da fahre ich nicht 50. Meine Mutter sagt immer: "Du kannst machen, was du möchtest. Du musst aber mit den Konsequenzen leben."

ZEIT ONLINE: Wenn Sie Ihre eigenen Spielregeln haben, welche Werte gelten dann für Sie?

Bushido: Es gibt weltumfassende Grundprinzipien: Alle Menschen sind erst einmal okay, egal wo sie herkommen, egal was sie machen, egal ob sie aufs gleiche Geschlecht stehen.

BUSHIDO

bürgerlich Anis Ferchichi, wurde 1978 als Sohn einer Deutschen und eines Tunesiers in Bonn geboren. Sein Künstlername ist aus dem Japanischen entlehnt und bedeutet "Weg des Kriegers". Er wuchs in Berlin auf, seine Mutter war allein erziehend. Nach der 11. Klasse verließ er das Gymnasium und machte – als staatlich erzwungene Maßnahme gegen seine Drogendelikte – eine Ausbildung als Maler und Lackierer. Er war wie die Rapper Sido, B-Tight und Fler beim Label Aggro Berlin unter Vertrag, bevor er 2004 seine Plattenfirma ersguterjunge gründete. Seine Liedtexte werden oft als homophob und frauenfeindlich kritisiert. In den vergangenen Jahren wurde er immer wieder wegen Urheberrechtsverletzungen aufgrund ungeklärter Samples verklagt. Gerade ist sein 13. Album Jenseits von gut und böse erschienen. Bushido gilt als erfolgreichster Rapper Deutschlands.

ZEIT ONLINE: Haben Sie als Sohn eines Tunesiers die Revolutionen im arabischen Raum verfolgt?

Bushido: Ich bin allgemein sehr interessiert, auch an Dingen, die nicht unmittelbar mit mir zu tun haben. Zum Beispiel, dass der US-Haushalt geplatzt ist. Die Vergewaltigungsaffäre mit unserem Kollegen von der Bank fand die Allgemeinheit natürlich interessanter. Und dann Osama bin Ladens Tod...

ZEIT ONLINE: Viele hoffen, dass sich durch die Revolutionen in Nordafrika auch der Islam modernisiert. Was halten Sie davon?

Bushido: Man muss den Islam nicht modernisieren. Wenn man ihn so praktiziert, wie er im Koran niedergeschrieben wurde, hat man keine Probleme. Weder als Frau, noch als Mann.

ZEIT ONLINE: Wie oft lesen Sie im Koran?

Bushido: Als ich elf war, hat mich mein Stiefvater in die Koranschule geschickt. Da bin ich drei Jahre gewesen. 98 Prozent meines Freundeskreises gehören dem Islam an. Deshalb ist Religion immer ein großes Thema bei uns. Es hat mich sehr glücklich gemacht, zu sehen, dass sich im arabischen Raum etwas verändert. Aber was passiert danach? Wenn nach dem Diktator ein Diktator kommt, ist das sinnlos.

ZEIT ONLINE: Sie sind in Deutschland geboren. Wie haben Sie Christian Wulffs Worte "Der Islam gehört zu Deutschland" aufgefasst?

Bushido: Ich habe oft mit kranken und behinderten Menschen in meiner Freizeit zu tun. Es ist verletzend, wenn einer sagt: "Du bist krank, ist aber kein Problem." Das finde ich schlimmer, als es schweigend hinzunehmen und den Menschen ganz normal zu behandeln. Durch Wulffs Äußerung habe ich mich als Moslem stärker ausgegrenzt gefühlt, als wenn sie nie gefallen wäre.

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