Mittwoch, 13. April 2011

ZDF war am Dienstagabend dem Dracula-Mythos auf der Spur

„True Blood“, „Vampire Diaries“ und natürlich die „Twilight“-Saga mit den etwas dümmlichen deutschen „Bis(s)“-Untertiteln – Vampire sind lebendig und sexy wie lange nicht mehr. Eine ZDF-Doku ging gestern Abend dem Ursprung des Dracula-Mythos nach...

Der Film spannt den Bogen vom schwer kranken jungen Bram Stoker, ans Bett gefesselt den Schauergeschichten seiner Mutter lauschend, zu einem erwachsenen Rumänen des 21. Jahrhunderts, der einem Toten das Herz herausschneidet. Denn im heutigen Transsylvanien glauben manche Dorfgemeinschaften noch immer an strigoi, an Tote, die keine Ruhe finden.

Tatsächlich reicht der Mythos vom Wiedergänger bis in die Antike zurück. Selbst in Südamerika und Indien lassen sich Entsprechungen für die europäische Figur des Vampirs finden. Offenbar übt die Idee eines unsterblichen Bluttrinkers eine universelle Faszination auf den Menschen aus. So auch auf den Iren Bram Stoker.

Marvin Entholt sucht in seiner Dokumentation nach den Quellen, die den blutsaugenden Grafen inspiriert haben mögen. Es kommen viele Fachleute zu Wort, Experten für Literatur, Kriminalistik und Folklore. Aber eben auch rumänische Experten für Totenrituale. Diese stimmungsvollen Bilder aus einer fremden Welt, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint, machen den Film besonders sehenswert. Die Bezüge zur erfolgreichen „Twilight“-Reihe der amerikanischen Autorin Stephenie Meyer wirken dagegen wie ein Alibi, sich noch einmal mit den guten alten Untoten befassen zu dürfen.

Tatsächlich bieten die Teenie-Romane und ihre Verfilmungen nur dann Neues, wenn man sie als Anleitungen zur Enthaltsamkeit vor der Ehe liest. Dennoch – die ungebrochene Popularität des Vampirgenres ist weder von der Hand zu weisen, noch mit dem Kurzschluss von schaurigen Kulturprodukten auf gesellschaftliche Angstzustände zu erklären.

Ungeachtet solcher Verkürzungen schafft Entholt es, anschaulich zu vermitteln, wie aus Schnipseln von Archivmaterial, folkloristischen Elementen und den Moden und Zwängen der viktorianischen Ära ein Roman wie „Dracula“ entstehen konnte. Freilich erfand auch Stoker nichts gänzlich Neues. Der Arzt John William Polidori, Liebhaber von Lord Byron, erweckte bereits vor Stoker mit seinem Grafen Ruthven den literarischen Vampir zum Leben. Ebenso wenig war Friedrich Wilhelm Murnaus „Nosferatu“ der erste Vampirfilm, wie uns die deutsche Synchronstimme von Brad Pitt in der Dracula-Doku glauben macht. Es gab zuvor an die dreißig einschlägigen Streifen und sogar eine rumänische „Dracula“-Adaption – unautorisiert, wie Murnaus.

Bram Stoker konnte sich zu Lebzeiten noch nicht dieses großen Erfolges von „Dracula“ erfreuen. Würde er heute seinem Grab entsteigen, er wäre wohl verwundert über Stephenie Meyers Vegetarier-Vampir Edward, der in seiner Enthaltsamkeit der viktorianischen Prüderie in nichts nachsteht. Aber das wird nicht passieren – Stoker ließ sich, damals unüblicherweise, einäschern.

quelle

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